Wie sich Steph Curry unsterblich gemacht hat (2024)

Der wertvollste Spieler der NBA-Finalserie drückte der Endrunde seinen Stempel auf - wie dem Basketballsport im Ganzen in der vergangenen Dekade. Nach der vierten Meisterschaft in acht Jahren dürfte klar sein: Steph Curry ist einer der besten und dominantesten Spieler aller Zeiten.

Stephen Curry brach in Tränen aus. Während die Spieluhr gegen Null tickte, umarmte Golden States All-Star Guard seinen Vater Dell an der Grundlinie und ließ seinen Emotionen freien Lauf. Wenige Sekunden später war es offiziell: Curry und die Warriors waren NBA-Meister - zum vierten Mal in acht Jahren. "Es war ein überwältigender Moment", sagte der 34-Jährige später in der Pressekonferenz. "Dieser Titel fühlt sich ganz anders an als die anderen. Der lange Weg zurück hierher nach drei harten Jahren. Die ganze Last, die wir mit uns herumschleppten. Die individuelle und kollektive Hingabe, unsere Sturheit, obwohl niemand an uns glaubte. Wir haben einfach weiter gearbeitet, uns nur auf uns konzentriert. Und darum ist dieser Titel etwas ganz Besonderes."

Was mussten die Warriors nicht alles durchmachen? Nach fünf Finalteilnahme in Folge und drei Meisterschaften zwischen 2015 und 2019 brach das ehemalige Superteam auseinander. Kevin Durant ging nach Brooklyn, Klay Thompson verletzte sich mehrfach verheerend und verpasste mehr als zwei volle Saisons. Curry brach sich die Hand und fiel die gesamte Saison 2019/20 aus. Die Warriors stürzten ab, wurden Letzter in der Liga. Auch in der vergangenen Saison verpassten Curry und ein personell dezimierter Warriors-Kader die Playoffs.

In der "Bay Area" blieben sie sturköpfig, glaubten unverändert an ihren "Titel-Kern", bestehend aus Curry, Thompson und Draymond Green. Seit zehn Jahren spielt das Trio zusammen. Nur ein Profi ligaweit ist länger in Diensten desselben Teams, das ihn ursprünglich gedraftet hat - spielt dort seit Jahren aber sportlich keine Rolle mehr. Anders in Golden State, wo die "Großen Drei" unverändert zusammenhalten, anführen, aufblühen. "Wir haben hier zehn, elf Jahre etwas aufgebaut", sagt Curry. "Das ist viel Wert, vor allem auf diesem Level, weil wir eben wissen, wie man gewinnt."

In Spiel vier erzwingt Curry die Wende

Obwohl ihnen Kritiker keine Titelchance einräumten, kam für die Warriors in den vergangenen Monaten alles perfekt zusammen. Ein harmonischer Mix aus Veteranen und Youngstern fand die richtige Formel, an beiden Enden des Parketts. Die "Dubs" überraschten mit der drittbesten Bilanz der NBA, fegten in den Playoffs nacheinander Denver, Memphis und Dallas weg, und standen plötzlich zum sechsten Mal in acht Jahren in den NBA Finals. Das war zuletzt Michael Jordans Chicago Bulls gelungen, vor mehr als 20 Jahren (1991-93 und 1996-98).

Curry lieferte dort fünf brillante Partien ab, war fünfmal in sechs Finalspielen der beste Schütze auf dem Parkett. Trotz 34, 29 und 31 Zählern seinerseits standen die Warriors dennoch in Spiel vier mit dem Rücken zur Wand. Auswärts im tollwütigen Boston Garden, zur Pause in Rückstand und in ernster Gefahr, fast unwiederbringlich ins Hintertreffen zu geraten - Teams in einem 1:3-Loch haben in der Geschichte der NBA-Playoffs 95,2 Prozent aller Serien verloren, in den NBA Finals sogar 97,2 Prozent - war Curry zur Stelle. Und wie! Mit 24 seiner 43 Zähler in Halbzeit zwei rang der Point Guard nicht nur im Alleingang den Heimvorteil und die Kontrolle über die Serie zurück. Er brach mit seiner Sensations-Show auch den kollektiven Willen der Celtics, die danach kein Spiel mehr gewannen.

Sport 11.06.22

NBA-Endrunde gegen Celtics Curry-Gala hält Golden State Warriors im Finale

Obwohl sie alles versuchten, um Curry zu isolieren, zu attackieren und physisch zu zermürben, bissen sich Bostons "Kobolde" am 1,88 Meter Guard die Zähne aus. Am hinteren Ende ist Curry längst keine Schwachstelle mehr, auch gegen größere und imposantere Gegner. Jahre harter Maloche im Kraftraum präsentieren ihn in der fittesten Verfassung seiner Karriere. Im Angriff ist er längst zum Ein-Mann-System mutiert, ein individuelles basketballerisches Heilmittel für alles, was Golden State entgegengeworfen wird.

Es geht auch ohne die überragende zweite Option

Einmal kurz nicht aufgepasst, und es regnet Dreier aus Arealen und Entfernungen, die keine Defensive der Welt patrouilliert bekommt. Wird er zu eng gedeckt, schleicht er sich durch die Hintertür ins Freie. Setzen ihn gleich zwei oder sogar drei Verteidiger unter Druck, liest er jede Rotation mit mittlerweile beängstigender Perfektion und serviert seinen Teamkollegen leichteste Punkte und Wurfgelegenheiten. Sobald Curry auf der Bank Platz nahm, implodierte der Warriors-Angriff. Mit ihm auf dem Parkett war das Team aus San Francisco in den Finals 15 Punkte pro 100 Angriffe besser als ohne ihn - mehr als der statistische Unterschied zwischen der besten und schlechtesten Attacke der Liga.

Im Gegenzug zu den ersten drei Titeln, als Curry auf einen Metronom-artigen Thompson und den besten puren Scorer der NBA-Geschichte, Kevin Durant, bauen konnte, fehlten ihm heuer Optionen, auf die er sich früher immer verlassen konnte. Thompson kam zuletzt auf mehr Verletzungen und Operationen als All-Star-Teilnahmen. Der ehemalige Nummer-1-Pick Andrew Wiggins kam als Beigabe in einem Tauschgeschäft vor zwei Jahren, galt lange als überteuert. Und der stets brisante Green traf in der gesamten Finalserie kein Scheunentor, kam erst in der letzten Partie auf seinen ersten Dreier überhaupt und mehr als zehn Zähler.

Wie gut, dass Curry längst viel mehr als nur der beste Shooter aller Zeiten ist. Es ist eine Sache, alle Dreier- und Wurfrekorde zu pulverisieren, die diese Liga jemals gekannt hat. Eine gesamte Ära nicht nur mitzugestalten, sondern ihr den Stempel aufzudrücken, ist speziell. Vor allem bei seiner Größe und von seiner Position aus. Kids wollen heute spielen wie Curry. An der weltweiten Obsession mit dem langen Ball hatte er maßgeblichen Anteil. Manche kokettieren sogar, er hätte "das Spiel ruiniert". Obwohl er mit Präzision und Fertigkeit überwältigt, anstatt mit körperlicher Außergewöhnlichkeit, wie man das von den Legenden der Liga stets gewohnt war, darf Currys individuelle Übermacht und Wirkkraft nicht unterschätzt werden.

Mitglied im ultimativen Top-Ten-Klub

Sport 14.06.22

Matchball trotz schwachem Curry Wiggins' Déjà-vu führt Warriors ganz dicht an Titel

"Was er mit seinen Gegnern anstellt, das ist pure Dominanz", weiß Green, der das Phänomen Curry seit zehn Jahren hautnah miterlebt. "Die ganze NBA spielt heute einen Basketball, dessen Ideologie von Steph Curry erschaffen wurde. Wie will da jemand sagen, das sei nicht dominant? Kein anderer Guard in der Geschichte hat den Basketball einer ganzen Ära geprägt." Geht man weiter, erkennt man Curry als einen der Größten aller Zeiten - Positionen ungeachtet.

Nur sechs Spieler in 75 Jahren NBA haben mindestens vier Titel, mindestens zwei Auszeichnungen als wertvollster Spieler (MVP) und mindestens eine Finals-MVP-Trophäe gewonnen: Curry gesellt sich zu Michael Jordan, LeBron James, Magic Johnson, Kareem Abdul-Jabbar und Tim Duncan. Das sind nicht nur legendäre Namen, sondern ihres Zeichens Teil des ultimativen Top-Ten-Klubs - der zehn besten Basketballer, die jemals gelebt haben.

Nur vier Spieler haben mindestens 30 Punkte, fünf Rebounds und fünf Assists in zwei unterschiedlichen Finalrunden erzielt: Curry, Jordan, James und Jerry West. Nur acht Spieler haben mehr als eine MVP-Trophäe und mindestens sechs Finalteilnahmen auf der Habenseite: Curry, Jordan, James, Johnson, Abdul-Jabbar, Duncan, Wilt Chamberlain und Bill Russell. Curry ist der mit Abstand kleinste unter ihnen.

Coach Kerr sagt es vielleicht am treffendsten

Sport 17.06.22

Historischer Lauf vor Halbzeit Die Golden State Warriors sind NBA-Champions

Nur sechs Spieler haben mehr Partien mit 30 oder mehr Punkten in den NBA Finals gespielt als Curry (14). Nur Michael Jordan (33,7 PPG) kommt auf einen höheren Punkteschnitt als Curry (32,5) in entscheidenden Partien. Seine 34 Zähler, sieben Rebounds und sieben Assists in Spiel sechs waren der Knockout in einer Serie, in der Boston mit dem Perpetuum Mobile der Warriors nie zurechtkam. Im Schnitt 31,2 Punkte pro Abend, 31 Treffer von jenseits der Dreierlinie und eine elitäre Quote von 43,6 Prozent von Außen zementierten seinen Status als NBA-Legende nachhaltig.

"Er ist einzigartig, niemand wird jemals wieder sein wie er. Sein Einfluss wird Generationen überdauern", sagt Thompson, sein kongenialer Partner im Backcourt. Für Andre Iguodala, seinerseits ebenfalls Teil des Warriors-Kerns seit der ersten Meisterschaft, hat sich Curry "als bester Point Guard aller Zeiten etabliert. Wir werden ihn alle vermissen, wenn er irgendwann nicht mehr spielt, und ebenso seinen Einfluss, nicht nur auf die Warriors und die NBA, sondern die ganze Welt."

Vielleicht bringt es der Headcoach der Warriors, Steve Kerr, der jetzt neun Titel als Spieler und Trainer gewonnen hat, am besten auf den Punkt, was diese vierte Meisterschaft für Currys Rolle und Vermächtnis unter den "All-Time Greats" bedeutet: "Ich bin immer noch genauso ehrfürchtig wie am ersten Tag neben ihm. Was er mit seiner Größe anstellt, ist so gegensätzlich zu allen traditionellen Legenden, die wir kennen. Ich könnte mich nicht mehr für jemanden freuen. Das hier ist die ultimative Krönung einer unglaublichen Karriere."

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